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Buchenwaldfahrt 2021

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  • Beitrag veröffentlicht:22. Juli 2021

7.15 Uhr Testung. 8 Uhr Abfahrt. Der erste Abschnitt unseres Tages war ein seltsamer Spagat zwischen der Freude über eine mittlerweile ungewohnte Gemeinsamkeit und dem beklemmenden Gefühl, das einen auf der Fahrt zu einer NS Gedenkstätte begleitet. Nach dreieinhalb Stunden stiegen wir aus dem Bus. Hier waren wir also, in Buchenwald.  

Zuerst machten wir eine kurze Pause, bekamen dann einen Film über die geschichtlichen Hintergründe des KZs gezeigt und wurden schließlich in vier kleineren Gruppen über das Gelände geführt. Zum Glück verhielten sich unter uns Schillerschüler*innen alle sehr respektvoll, was bei den Geschichten, die uns in der Führung über andere Besucher*innen erzählt wurden, nicht selbstverständlich ist.  

Wir sahen unter anderem das Krematorium, wo in einem Raum ein sehr schreckliches Bild hing, das einen Berg von aufgestapelten Leichen zeigte. In unserer Gruppe sprachen wir vorher darüber und uns wurde die Option gegeben, den besagten Raum zu umgehen. Diesen Umgang halten wir für den richtigen. Niemand sollte dazu gezwungen sein, sich solche Bilder anzuschauen, doch sie völlig wegzulassen wäre an einem Ort wie diesem ebenfalls falsch. Es muss eine Balance geschaffen werden zwischen Bildung und Gedenken, die weder pietätlos noch romantisierend erscheint.  

An diesem Punkt stellte Viki auch mit Erschrecken fest, wie sehr man sich noch Jahrzehnte später bewusst von der Entmenschlichung durch die Nationalsozialist*innen abgrenzen, sich daran erinnern muss, dass hinter jedem abgezehrten Gesicht und hinter jedem leeren Blick ein Mensch steckt mit einer individuellen Persönlichkeit, die ihm mit Gewalt genommen werden sollte. Umso beeindruckender waren all die Geschichten über Häftlinge, die sich der Unterdrückung im Lager widersetzten und ihr Leben auf’s Spiel setzten, um zum Beispiel ihrem Kind ein Kuscheltier zu nähen.  

Wir erfuhren von einer ganzen Reihe dieser Geschichten im Museum im ehemaligen Depotgebäude des Lagers, in dem auch einige Gegenstände aus der Zeit ausgestellt waren, welche extrem bewegend auf uns wirkten. Umso trauriger war es, dass wir nicht viel Zeit hatten, um uns die Exponate anzusehen, was uns im Nachhinein zu dem Fazit veranlasst, dass ein Tagestrip eigentlich zu wenig ist, um sich mit diesem Ort zu beschäftigen. Nicht nur deswegen wünschen wir allen Geschichtskursen in den kommenden Jahren, dass sie nicht mehr mit einer Pandemie planen müssen.  

Dass die diesjährige Buchenwald-Fahrt unter einem anderen Zeichen stand, als die bisherigen, versteht sich von selbst und dafür, dass sie dennoch stattfinden konnte, sind wir sehr dankbar. Denn obwohl wir es alle geflissentlich vermieden, einander einen schönen Tag oder eine nette Führung zu wünschen – der Besuch eines Konzentrationslagers ist eine extrem besondere und eindrückliche Erfahrung, die dem Gedenken an die Verfolgung diskriminierter und rassifizierter Menschen und dem Kampf für eine gerechte Welt eine neue Dringlichkeit verleiht. So pathetisch das klingen mag, als ich (Alina) auf dem Feld stand, wo 1937-1945 die Blocks der Häftlinge standen, kam mir nichts anderes angemessen vor. Die Weite und die Leere, mit der man an einem Ort konfrontiert war, an dem so viel geschehen ist, löste Gefühle aus, die sich eben nicht in Worte fassen lassen. Und was soll man sonst sagen, als dass eben dieser Umstand zeigt, warum es so wichtig ist, an die Schauplätze der deutschen Täter*innenschaft sowie die Orte des Gedenkens zu gehen. 

Viktoria Waldorf und Alina Lemke (Q2)